KÁVÉHÁZ 21




Sitzung des

Caffè Greco

anläßlich der 21.Jahrestagung
der
literarischen Gesellschaft
für antikes Lustempfinden
während der Sarturnalien


Der fruchtbringenden Gesellschaft

gehüteter Erzschein


öffnet sich


Grütznern und Ulnern,
Paläofuturisten und Bulgenbüßern,
wie biegsamen Hetären, die funkeln und duften
wie eine Juninacht

freilich auch

fröhlichen Truchteln und stolzenden Geißmämmen,
dem kecken Rührauf
und der nachhaltigen Verstörung.



Es verschließt sich

Strutern und Kreislern,
Höllriegeln und Ikonoklasten,
rumpfichten Rufflerinnen und verzimpelten Rumpfreckern,
kakanischen Gugelhupfhirnen und hudlachtigen Hosenbaritonen,

aber auch

dem Schweigen im Gleichklang,
den schismatoiden Schrulligkeiten,
der deuteldürftigen Selbstbezogenheit,
wie dem enthemmten Pragmatismus

- begelle!



oder
Otium cum dignitate





Audies plerosque dicentes:
"A quinquagesimo anno in otium secedam,
sexagesiumus me annus ab officiis dimittet",

(Seneca)


I

Die Weisheit des Schriftgelehrten vermehrt das Wissen,
Wer ist frei von Arbeit, kann sich der Weisheit widmen

(Jesus Sirach, 38, 24))


II

Alles Arbeiten des Menchen is für den Rachen des Totenreiches
und dessen Schlund wird niemals voll

(Kohelet, 6, 7)


III



(Platon - Theaitet, 172d)


IV



(Platon - polit. 272 b,c)


V




(Aristoteles - Eth. Nic. 1177b, 5ff)


VI



(Aristoteles - Politica 1269a, 34ff)


VII



(Aristoteles - Politica, 1333a, 30ff)


VIII



(Aristoteles - Politica, 1337b, 8ff)


IX



(Xenophon - Oik. 4, 2ff)


X

Quid est propositum his rei publicae gubernatoribus
quod intueri et quo cursum suum derigere debeant?
Id quod est praestantissimum maximeque optabile
omnibus sanis et bonis et beatis, cum dignitate otium.
Hoc qui volunt, omnes optimates, qui efficiunt, summi viri et
conservatores civitatis putantur; neque enim rerum gerendarum
digitate homines ecferri ita convenit utotio non prospiciant, neque
ullum amplexari otium quod abhorreat a dignitate.

(Cicero - Pro P. Sestio, 98)


XI


Quid ergo? inquis, non satius est vel sic iacere
quam in istis officiorum verticibus voluntari?
Utaque res detestabilis est, et contractio et torpor.
Puto, aeque qui in odoribus iacet, mortuus est
quam qui rapitur unco: otium sine litteris mors est
et hominis vivi sepultura.

(Seneca - Ad Lucilium epistula moralis, 82,3)


XII

Epicurus ait:

"Non accedet ad rem publicam sapiens,
nisi si quid intervenerit",

Zenon ait:

"Accedet ad rem publicam,
nisi si quid impeierit".
Alter otium ex proposito petit, alter ex causa.

(Seneca - De otio III, 2F)


XIII

O Meliboee, deus nobis haec otia fecit.

(Vergil - Bucolica I, 6)


XIV

Beatus ille, quid procul negotiis...

(Horaz - Epd. 2,1)


XV



(Paulus - 2. Brief an die Thessalier, 3, 10)


XVI

Ora et labora!

(Benedikt von Nursia)


XVII

...otium, quod est mater multorum malorum.

(Luther - Tischgespräche, 6076)


XVIII

Dux Wilhelm Bavariae dicebatur
se multis scortationibus polluere.
Dixit Martinus Lutherus suspirans:
Otia si tollas, periere Cupidinis arcus.
Principes non serio in suis vocationibus
laborant nec aliter vivere volunt,
provocantes Sathanam.

(Luther - Tischgespräche, 6124)


XIX

Und so sprach ich denn auch in jener
unsterblichen Stunde, da mir der Genius eingab,
das hohe Evangelium der echten Lust und Liebe
zu verkünden, zu mir selbst:
"O Müßggang, Müßiggang!
du bist die Lebensluft der Unschuld und der
Begeisterung, dich atmen die Seligen und selig ist, wer dich hat
und hegt, du heiliges Kleinod! einziges Fragment von
Gottähnlichkeit, das uns noch aus dem Paradiese blieb!.

(Schlegel - Idylle über den Müßiggang)


XX

Ohne Sklaverei kein griechischer Staat
keine griechische Kunst und Wissenschaft;
ohne Sklaverei kein Römerreich.
...
Solange die wirklich arbeitende Bevölkerung
von ihrer notwendigen Arbeit so sehr in Anspruch
genommen wird, dass ihr keine Zeit zur Besorgung
der gemeinsamen Geschäfte der Gesellschaft -
Arbeitsleistung, Staatsgeschäfte, Rechtsgelegenheiten,
Kunst, Wissenschaft etc. - übrigbleibt, solange musste
stets eine besondere Klasse bestehn, die von der
wirklichen Arbeit befreit, diese Angelegenheiten besorgte.

(Friedrich Engels - Anti-Dühring,
2.Absch: Pol. Ökonomie, IV. Gewaltstheorie (Schluss))



I

Würden ein Normalarbeitstag von acht Stunden,
ein Ausschluss jeder Frauenarbeit, die weitgehende
Beschränkung der Kinderarbeit ... herbeigeführt werden,
so wäre in sittlicher Hinsicht zu befürchten, dass der
erwachsene Arbeiter seine freie Zeit im Wirtshaus zubringt,
dass er mehr als bisher an agitorischen Veranstaltungen
teilnimmt, mehr Geld ausgibt und, obwohl der Lohn derselbe
bleiben wird wie für den bisherigen Arbeitstag,
doch nicht zufrieden sein.

(Wilhelm II - Vorschläge zur Verbesserung der Arbeiter)


II

Früher haben wir in einem Jahr 16 Monate durchgespielt.

(Franz Beckenbauer)

III

Eines der Symptome nahenden Nervenzusammenbruchs
ist die Idee, die Arbeit, die man leistet, sei ungeheuer wichtig
und ein Ausspannen beschwörte alles mögliche Unheil herauf.
Wäre ich Arzt, ich würde jedem Patienten, der seine Arbeit
für wichtig hält, einen Urlaub verordnen.

(Bertrand Russell - Eroberung des Glücks)

IV

Was man nicht im Bett tun kann,
ist nicht wert, getan zu werden.

(Groucho Marx)



Zustupf
zur Etymologie -


otium avetiom
avere oder havere = gegrüßt sein
(ave = sei gegrüßt)
indog. awe = gernhaben;
skr. ávas = Gunst, ávati = er freut sich;
= Geliebter


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